DR. MONIKA LEDERER

Systemaufstellungen und Organisationsaufstellungen

  Was es ist:

Die Methode der Aufstellungen generell gewinnt  Informationen über eine Problemsituation und generiert Lösungen mithilfe der Körperwahrnehmung von Personen, die als Stellvertreter für die Problembeteiligten im Raum aufgestellt werden. Das Erleben der Stellvertreter in Verbindung mit dem systemischen Hintergrundwissen  und der systemischen Erfahrung des Aufstellers stellt den Kern dieser Methode dar..

Die Methode der Organisationsaufstellung hat sich aus dem Familienstellen  entwickelt und ist eine junge, erfahrungsorientierte und sehr effektive Methode, Probleme im Organisations- und Arbeitskontext zu beleuchten und zu lösen.

 

Der Nutzen dieser Methode:

Die Hintergrunddynamik eines Problems wird sichtbar, dem „Blinden Fleck" wird entgegengewirkt. Neue Perspektiven tauchen auf. Die Beziehungsebene wird transparent. Gerade komplexe Themen lassen sich mit dieser Methode erfassen. Die Ergebnisse haben eine unmittelbare Überzeugungskraft und können sich bei den Beteiligten tief verankern. Handlungsstrategien sind direkt ableitbar.

 

Wie es funktioniert:

Der Protagonist (Probleminhaber) stellt dabei Stellvertreter, die für sein Problem wichtig sind im Raum intuitiv und spontan auf. Die Stellvertreter sind andere Seminarteilnehmer, die sich dafür zur Verfügung stellen. Welche Positionen aufgestellt werden, entscheidet der Leiter der Aufstellung: So werden z.B. nicht alle Kollegen aufgestellt, sondern ein Repräsentant vertritt mehrere Personen. Auch abstrakte Positionen können aufgestellt werden, z.B. „das Ziel" oder „das Geheimnis". Der Protagonist wählt auch einen Stellvertreter für sich selbst, um von außen auf die Aufstellung schauen zu können und einen Überblick zu haben. Im Aufstellungsfeld selbst wäre es aus der Problematik des blinden Flecks heraus nicht möglich, diese Informationen zu bekommen.

Die aufgestellten Stellvertreter geben über ihre Körperwahrnehmung (z.B. eng, heiß, kalt, zitternd, lustig, schwer) und ihre Körperimpulse (z.B. „will am liebsten raus gehen", zu jemandem hingehen, sich hinlegen wollen) Informationen über das Kräftefeld, das über die Aufstellung entstanden ist. Der Leiter der Aufstellung nimmt die Aussagen der Stellvertreter auf und macht Vorschläge zur Veränderung der Positionen. Jede Veränderung im Raum geht mit einer zugeordneten Bedeutung einher: Wenn eine Führungskraft beispielsweise aus dem Kreis ihrer Mitarbeiter heraus weiter nach vorne vor die Mitarbeiter gerückt wird, so geht es um das Thema der deutlicheren Führung. Dieser Prozess wird mit einfachen und klaren Sätzen, die der Leiter vorschlägt und der betroffene Repräsentant modifizieren kann, deutlich gemacht und so im Bewusstsein des Protagonisten verankert. Häufig wird der Protagonist wieder an die Stelle seines Stellvertreters gestellt, um selbst diese Sätze in ritualisierter Form gegenüber der betreffenden Person auszusprechen.

Was passiert:

Die Aufstellung macht eine soziale Wirklichkeit offenkundig. Es handelt sich also nicht einfach um die Projektionen eines Einzelnen, sondern die Realität von Beziehung zwischen Menschen wird sichtbar. In der Aufstellung kann dies zu einer vom Protagonisten nicht beabsichtigten Eigendynamik führen. Auf diese Weise werden unterschwellige Wahrheiten sichtbar und ein neuer Blick auf die Problemsituation wird möglich. Die Methode ermöglicht es, eine sehr komplexe Wirklichkeit zu erfassen. Durch

das verbale und nonverbale Verhalten der Stellvertreter erschließt sich das Beziehungsgefüge, das diese Komplexität ausmacht.

Die Methode selbst:

 Es können sowohl externe Systeme (Organisationen, Abteilungen, Teams, Drehbücher, politische Zusammenhänge u.a.) als auch interne Systeme (innere Anteile, Symptome,  Zustände und Werte, u.a.)  aufgestellt werden.

Systemaufstellungen (oder auch systemische Strukturaufstellungen nach M. Varga v. Kibed und I. Sparrer)  laufen gleichzeitig auf verschiedenen Ebenen ab. So können z.B. bei einer Problemaufstellung gleichzeitig die Ebenen:

> Problemsystem,

> Arbeitsbereich,

> familiärer Kontext

> psychosomatische Zustände

> Werte und Überzeugungen

angesprochen werden. 

Deutungen werden vermieden und  Mehrdeutigkeit wird zugelassen, damit der Aufsteller selbst seine Interpretationsebene wählt.

 Veränderung geschieht durch Erfahrung, nicht durch Deutung. Das Erleben des Aufstellungsprozesses, nicht die dabei gewonnene deskriptive Information, führt einer Veränderung. 

Diese Methode unterscheidet sich von Problemskulpturen dadurch, dass ein erfahrungsgeleitetes Basiswissen systemischer Ordnungen zugrundegelegt wird: so z.B. das Vorrecht des zuerst Gekommenen in einem System oder die Rangfolge bezüglich der Verantwortung, die von den Mitgliedern eines Systems für dessen Existenz getragen wird (der Verwaltungsdirektor hat Vorrang vor dem organisationsspezifischen Spezialisten). Diese „Ordnungen" sind noch im Stadium der Fortentwicklung und möglicher Veränderung, eventuell kulturspezifisch verschieden.

 

Der Leiter von Organisationsaufstellungen nimmt eine offene Haltung des Nicht-Wissens ein, um möglichst alle Impulse des aufgestellten Kräftefelds aufnehmen zu können. Er darf von daher kein von vornherein festgelegtes Ziel verfolgen. Eine Aufstellung benötigt das ernsthafte Interesse des Protagonisten.

 

Diese Methode übt eine große Faszination auf alle Teilnehmer aus – sie erleben, dass die Stellvertreter wahre und verifizierbare Dinge aussagen, über die sie keinerlei Vorkenntnis hatten. Die Stellvertreter agieren in dem aufgestellten Kräftefeld auf eine natürliche Weise, meist völlig anders wie in ihrem eigenen Leben. Trotz dieses „magischen" Erscheinungsbilds handelt es sich um eine sehr seriöse Arbeit. Wichtig ist dabei, dass der Leiter nicht moralisiert oder „missioniert". Diese Methode lässt sich leider dazu missbrauchen Die durch diese Methode erarbeiteten Lösungen sind sehr plastisch und wesentlich. Man kann an ihnen nicht vorbeigehen.

 

Abwandlungen der Methode:

Falls es keine für die Ausgangssituation unbeteiligte Repräsentanten gibt, kann man mit „Platzhaltern" (Figuren, Objekte etc.) arbeiten. Auch damit ist die besondere Möglichkeit, die in dieser Methode liegt, praktizierbar. Für Einzel- und Teamcoachings eignen sich solche Varianten.

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Literatur:

M. Varga v. Kibed, Ganz im Gegenteil, Heidelberg 2000

Gunthard Weber, Praxis der Organisationsaufstellung, Heidelberg 2000                                                                                                      

 

Für Systemaufstellungen ist es ideal, wenn die Repräsentanten dem System nicht selbst zugehörig  sind.

Systemaufstellungen können innerhalb eines Workshops zur Organisationsentwicklung  stattfinden.